Unterhaltsschulden mindern nicht Einkommen bei Hartz IV
13.10.2016
Aufgelaufene Unterhaltsschulden können Hartz-IV-Aufstocker nicht einkommensmindernd geltend machen und damit höhere Arbeitslosengeld-II-Leistungen beanspruchen. Bei der Berechnung von Hartz-IV-Leistungen können nur laufende Unterhaltszahlungen berücksichtigt werden, urteilte am Mittwoch, 12. Oktober 2016, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 4 AS 37/15 R und B 4 AS 38/15).
Der Kläger, ein getrennt lebender Vater, hatte jahrelang für seine Ex-Partnerin und seine Tochter keinen vollen Kindes- und Ehegattenunterhalt gezahlt. Seine Einkünfte aus einer selbstständigen Beschäftigung – dem An- und Verkauf von Flohmarktartikeln – reichten zur Bestreitung seines Lebensunterhalts nicht aus. Er erhielt daher vom Jobcenter Memmingen mit Ausnahme des Jahres 2011 aufstockende Hartz-IV-Leistungen.
Im Mai 2012 beantragte er die Überprüfung sämtlicher Hartz-IV-Bescheide ab 2006. Er verlangte, dass Zahlungen für die aufgelaufenen Unterhaltsschulden einkommensmindernd berücksichtigt werden. Nur so könne er diese auch vollständig begleichen.
Strittig war, inwieweit die Unterhaltsschulden wegen des Fehlers eines Mitarbeiters des Jobcenters Memmingen entstanden sind. Dieser habe in der Vergangenheit den Unterhalt nicht einkommensmindernd berücksichtigt, so dass er mit dem Unterhalt in Verzug geriet, so der Kläger.
Das Jobcenter lehnte die Anrechnung der Unterhaltsrückstände auf das Einkommen des Klägers ab. Es sei nicht Aufgabe der Behörde oder des Steuerzahlers, Schulden zu übernehmen.
Auch das BSG urteilte, dass der Hartz-IV-Bezieher keinen Anspruch auf höhere Hartz-IV-Leistungen hat. Nach den gesetzlichen Bestimmungen könnten nur laufende Unterhaltszahlungen einkommensmindernd berücksichtigt werden, nicht jedoch Zahlungen auf Unterhaltsrückstände.
Habe das Jobcenter die Hartz-IV-Leistungen wegen des nicht berücksichtigten Unterhalts fehlerhaft berechnet, könne ein Hilfebedürftiger zwar auch rechtskräftige Bescheide noch einmal überprüfen lassen. Dies sei aber nur für einen zurückliegenden Zeitraum von einem Jahr möglich. Die Berücksichtigung mehrerer Jahre sei nicht zulässig. Eine Überprüfung, ob das Jobcenter schon früher laufende Unterhaltszahlungen hätte übernehmen müssen, scheide daher aus. fle/mwo
Bild: nmann77 – fotolia
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors