Keine Kürzung der Rente: Überstunden aus dem Vorjahr sind kein Hinzuverdienst

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Wer eine Erwerbsminderungsrente bezieht, darf nur bis zu einer bestimmten Grenze hinzuverdienen, ohne dass sich dies negativ auf die Rente auswirkt. Betroffene stehen vor der Frage, was denn als Hinzuverdienst gilt. Das Landessozialgericht Essen entschied, dass im Vorjahr erarbeitete Überstunden nicht als Hinzuverdienst gelten. (L 18 R 164/22)

Die Hinzuverdienstgrenze

Erwerbsminderungsrenten sind an Bedingungen geknüpft. Die Betroffenen dürfen nur weniger als drei Stunden pro Tag (volle Erwerbsminderung) oder weniger als sechs Stunden pro Tag (teilweise Erwerbsminderung) arbeiten können. Zudem dürfen Sie nur bis zu einer bestimmten Grenze Geld durch Erwerbsarbeit verdienen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird.

Jede Erwerbstätigkeit müssen Sie dem Träger der Rentenversicherung melden. Das Prinzip lautet: Wer mehr verdient, erhält weniger Zahlungen der Rentenkasse. Diese Grenze liegt 2025 bei einer vollen Erwerbsminderung bei 19.661,25 Euro, und bei einer teilweisen Erwerbsminderung bei 39.322,50 Euro.

Rente rückwirkend bewilligt

Der Betroffene hatte einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente bei der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt und stand währenddessen noch in einem Arbeitsverhältnis.

Das Arbeitsverhältnis wurde erst abgewickelt, als er bereits die Rente bezog. Diese war ihm rückwirkend bewilligt worden.

Die Rentenversicherung wollte jetzt die im vorherigen Jahr geleisteten Mehrarbeits- und Gleitarbeitsstunden des Betroffenen als Hinzuverdienst anrechnen. Der Betroffene klagte, weil er diese Stunden in einer Zeit geleistet hatte, in der sein Antrag auf Erwerbsminderungsrente noch nicht entschieden war.

Es geht um die rechtliche Zuordnung

Das Landessozialgericht Essen gab ihm recht. So ließe sich eine Anrechnung als Hinzuverdienst nicht allein damit rechtfertigen, dass jemand das Arbeitsentgelt während des Rentenbezugs tatsächlich erhalten hätte. Zudem müsste es nämlich auch rechtlich dieser Zeit zuzuordnen sein.

In seinem Fall gelte dies zwar für Weihnachtsgeld und Urlaubsabgeltung, nicht aber für Mehrarbeitsstunden und Gleitzeitarbeitsstunden aus dem Vorjahr.

Der Betroffene hatte das Geld für die geleisteten Stunden zwar erhalten, während er bereits die rückwirkend genehmigte Rente bezog. Die Arbeit geleistet hatte er aber in einer Zeit, als er noch keine Erwerbsminderungsrente bezog und somit rechtlich nicht unter die Hinzuverdienstgrenzen der Erwerbsminderung fiel.

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Kürzung der Rente wegen ausgezahlter Überstunden

Das Urteil ist rechtskräftig, und eine Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt kam zum gleichen Ergebnis (L 3 R 325/22). Hier hatte die Betroffene mehr als 25 Jahre als Sachbearbeiterin gearbeitet und mehr als 900 Überstunden angesammelt.

Ab Dezember 2019 wurde ihr von der Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente bewilligt. 2021 endete ihr Arbeitsverhältnis. Mit der letzten Gehaltsabrechnung wurden ihr die nicht genommenen Urlaubstage und die angesammelten Überstunden ausgezahlt.

Die Rentenversicherung rechnete diese Auszahlung als Hinzuverdienst an und kürzte deshalb die volle Erwerbsminderungsrente.

Es geht um das Datum der Arbeit, nicht um das der Auszahlung

Die Betroffene blieb in erster Instanz erfolglos, gewann aber vor dem Landessozialgericht. Dieses sprach der Rentenversicherung das Recht ab, die in der Vergangenheit geleisteten und verspätet ausgezahlten Überstunden als Hinzuverdienst anzurechnen. Das galt ebenso für den ausgezahlten Resturlaub.

Das Gericht erklärte, es sei nicht maßgeblich, dass die Überstunden während des Rentenbezugs ausgezahlt wurden, sondern ob diese während des Rentenbezugs geleistet wurden. Da die Frau aber diese Arbeitsleistung vor der Rente erbracht hätte, handle es sich nicht um Hinzuverdienst.