Krankenkasse muss Mehrbedarf für Strom übernehmen

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Menschen mit Schwerbehinderungen und chronischen Erkrankungen benötigen oft Hilfsmittel, die viel Strom verbrauchen, von Elektrorollstühlen bis zu Beatmungsgeräten. In der Vergangenheit haben wir bei gegen-hartz darüber informiert, dass die Krankenversicherungen die zusätzlichen Stromkosten in vielen Fällen übernehmen.

Jetzt stellen wir Gerichtsurteile mit konkreten Fällen vor und zeigen, wie die Richter diese begründeten und worauf Betroffene achten müssen.

Krankenkasse muss Strom für Elektrorollstuhl bezahlen

Eine Frau benötigte aufgrund einer Spastik einen elektrischen Rollstuhl. Die Krankenkasse stellte ihr diesen zwar, als sie jedoch einen Antrag stellte, die Stromkosten für das Laden des Akkus rückwirkend für das letzte Jahr gestellt zu bekommen (in Höhe von 200,00 Euro) verweigerte die Krankenversicherung ihr diese Zahlung.

Sie reichte Klage beim Sozialgericht Hamburg ein, diese war erfolgreich. Das Landessozialgericht Hamburg wies die Klage jedoch nachträglich ab. Die Richter erklärten, dass die Stromkosten für den Betrieb eines E-Rollstuhls unter die allgemeine Lebensführung fielen und damit keine Leistung der Krankenkasse rechtfertigten.

Die Betroffene legte Revision vor dem Bundessozialgericht ein und kam zu ihrem Recht. Die Richter der obersten Instanz der Sozialgerichte entschieden, dass die Krankenkasse die Stromkosten für das Laden des Akkus bezahlen muss und ebenso die künftigen Stromkosten dafür. (Az. 3 RK 12/96)

Ein Elektrorollstuhl ist kein Gegenstand des täglichen Lebens

Auch die laufenden Kosten für Strom würden hier zu den Kosten für die Versorgung mit einem Hilfsmittel gehören, zu denen die Krankenkasse nach Paragraf 33 Abs 1 SGB V verpflichtet sei, und diese seien nicht unerheblich. Im Unterschied zur Auffassung des Landessozialgerichts sei ein Elektrorollstuhl kein Gegenstand des täglichen Lebens und die Krankenkasse müsse die Betriebskosten übernehmen.

Krankenkasse muss auch teureren Stromanbieter bezahlen

In einem anderen Fall nutzte ein Betroffener ein CPAP-Gerät zur Beatmung, da er unter einer Schlafapnoe litt. Dieses stellte die Krankenkasse. Er machte für einen Zeitraum von einem Jahr 106,23 Euro geltend, für 3.535 Betriebsstunden.

Im Unterschied zum ersten Fall war die Krankenkasse zwar grundsätzlich bereit, die Stromkosten zu zahlen, bewilligte diese aber nur teilweise mit der Begründung, dass es mindestens zwei günstigere Stromanbieter gegeben hätte, zu denen er hätte wechseln können.

Der Betroffene klagte gegen diese Entscheidung und begründete dies damit, dass er „Billiganbietern“ nicht vertraue. Das Sozialgericht München wies seine Klage ab. Die Berufung vor dem Bayerischen Landessozialgericht hatte jedoch Erfolg. (L4 KR 547/20).

Strompreise müssen individuell betrachtet werden

Wirtschaftlichkeit bedeute nicht, dass der Betroffene sich mit dem billigsten Stromanbieter zufriedengeben müsse. Einzelne Gesichtspunkte könnten hingegen dafür sprechen, dass Krankenkassen auch teurere Anbieter bezahlen müssten, und dazu zählen Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit.

Auch die Gestaltung des Vertrags, die Regionalität des Strombezugs und der jeweilige Strommix seien wichtige Punkte, solange der Strompreis angemessen sei. Die Krankenkassen hätten zwei Möglichkeiten: Entweder würden sie einen eigenen Zähler für das entsprechende Hilfsmittel anbringen oder eine monatliche Pauschale zahlen, wenn der Aufwand für einen besonderen Stromanschluss zu hoch sei.

Was bedeuten diese Urteile für Betroffene

Grundsätzlich stellten die Gerichte also klar, dass Krankenkassen Stromkosten zahlen müssen, die durch die Nutzung von notwendigen Hilfsmitteln entstehen.

Die Gerichte gaben aber keine konkreten Anweisungen, wie dies konkret abläuft. Klar ist jedoch, dass Versicherte bei der Krankenkasse erstens auf jeden Fall einen Antrag stellen müssen und zweitens das Hilfsmittel belegbar notwendig sein muss.

Die Notwendigkeit stand in beiden Fällen außer Frage, da die Krankenkassen sowohl den Elektrorollstuhl als auch das Beatmungsgerät finanziert hatten.

Je nach Versicherung können Betroffene wählen, ob sie eine Pauschale erhalten oder die real verursachten Kosten abrechnen. Dieses müssen Sie dann jeweils mit ihrer Krankenversicherung klären.

Wie ist das Vorgehen für eine Stromkostenübernahme?

Wenn Sie den entsprechenden Antrag bei der Krankenkasse stellen und bislang nicht geklärt ist, ob Sie eine Pauschale erhalten, sollten Sie Angaben über die Betriebskosten Ihres Hilfsmittels hinzufügen. Diese enthalten die Anzahl der Betriebsstunden des Gerätes pro Tag sowie die Anzahl der Tage, an denen Sie es nutzen, außerdem den Preis für eine Kilowattstunde Strom bei Ihrem Energieanbieter und die Leistung des Hilfsmittels.

Die Leistungsangabe steht in der Regel auf dem Gerät selbst, zumindest allerdings in der Betriebsanleitung.

Was tun Sie, wenn die Krankenkasse ablehnt?

Die Krankenkasse muss auf Ihren Antrag reagieren und Ihnen einen Bescheid zukommen lassen. Falls die Versicherung den Antrag ablehnt oder, in Ihren Augen, zu wenig Kosten übernehmen will, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.

Ist dieser erfolglos? Dann steht Ihnen der Weg zum Sozialgericht offen, wobei die Frist, um Klage einzureichen, wiederum bei einem Monat liegt.