Rente: Warum Teilrente die bessere Wahl sein kann – Gericht schafft Klarheit

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Ein aktuelles Urteil des Sozialgerichts Hannover weist der Deutschen Rentenversicherung eine klare Informationspflicht gegenüber Rentnerinnen und Rentnern zu. Wer nach seinem regulären Rentenbeginn weiter Angehörige pflegt oder erwerbstätig bleibt, hat unter Umständen Anspruch auf eine Teilrente anstelle einer Vollrente. Diese Option kann langfristig die Höhe der späteren Gesamtversorgung steigern.

Nach Ansicht des Gerichts ist die Rentenversicherung verpflichtet, ihre Versicherten gezielt zu beraten, sobald sie Kenntnis von einer fortbestehenden Pflegetätigkeit oder Tätigkeit im Ruhestand erhält. Dieses wegweisende Urteil trägt dazu bei, Rentnerinnen und Rentnern mehr Handlungsspielraum bei der Gestaltung ihrer finanziellen Zukunft zu geben.

Klägerin wurde nicht über Rentenvarianten aufgeklärt

Am 20. März 2025 veröffentlichte das Sozialgericht Hannover eine Pressemeldung zu seinem Urteil vom 26. Juli 2024 (Az. S 78 R 8/2). Darin erläuterte es den Fall einer Klägerin, die im November 2018 eine Altersrente für langjährig Versicherte beantragte. Sie hatte bereits vor Rentenbeginn ehrenamtlich einen Familienangehörigen gepflegt und setzte diese Pflegetätigkeit auch nach dem Eintritt in den Ruhestand unentgeltlich fort.

Obwohl für die Rentenversicherung erkennbar war, dass die Klägerin weiterhin pflegen würde, erhielt sie lediglich eine Vollrente zu 100 Prozent. Eine Aufklärung über die Möglichkeit einer Teilrente fand nicht statt. Später erfuhr die Klägerin, dass eine Teilrente für sie erhebliche Vorteile mit sich bringen kann, weil dadurch weiterhin Beiträge in die Rentenkasse fließen.

Diese Beiträge können die spätere Rentenhöhe steigern. Als sie rückwirkend eine Umwandlung in eine Teilrente beantragte, lehnte die Rentenversicherung dies ab.

Gericht entscheidet für Klägerin

Das Sozialgericht Hannover stellte sich auf die Seite der Klägerin und urteilte, dass Rentenversicherungsträger ihre Versicherten aktiv über Teilrenten-Optionen informieren müssen, wenn eine weiterlaufende Erwerbs- oder Pflegetätigkeit erkennbar ist. Nach Auffassung der Richter hätte die Behörde den besonderen Umständen im Fall der Klägerin Rechnung tragen und frühzeitig auf die Teilrente hinweisen müssen.

Durch diese Versäumnisse sei die Klägerin um Rentenzuwächse gebracht worden, die ihr bei rechtzeitiger Aufklärung zugestanden hätten.

Das Gericht betonte, dass eine derartige Informationspflicht besonders dann bestehe, wenn die Rentenversicherung bereits anhand des Versicherungsverlaufs Kenntnis von einer fortbestehenden Tätigkeit oder Pflege erhält. So sollen Rentnerinnen und Rentner in die Lage versetzt werden, informierte Entscheidungen über ihre Rente zu treffen.

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Viele Rentner profitieren von dieser Entscheidung

Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig, da die beklagte Rentenversicherung keine Berufung eingelegt hat. Fachleute sehen darin einen wichtigen Durchbruch für alle, die nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze weiterhin beruflich oder in der Pflege tätig sind. Zu diesem Personenkreis zählen viele Seniorinnen und Senioren, die entweder in Minijobs jobben oder Familienangehörige versorgen.

Wer seine Rente nicht zu 100 Prozent in Anspruch nimmt, kann durch die Teilrente weiterhin pflichtversichert bleiben. Das bedeutet, dass sowohl die oder der Versicherte als auch der Arbeitgeber (bei einer Beschäftigung) in die Rentenkasse einzahlen. Auf diese Weise erhöhen sich langfristig die Rentenansprüche.

Auch bei unentgeltlichen Pflegeaufgaben können fortlaufend Rentenpunkte hinzukommen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Somit schützt die Teilrente Personen, die ihr Einkommen steigern oder ihre Vorsorge verbessern möchten, ohne vollständig auf Rentenzahlungen verzichten zu müssen.

Was bedeutet dieses Urteil für Rentner?

Wenn Sie kurz vor Ihrem Ruhestand stehen oder bereits Rente beziehen und nebenbei einer Pflegetätigkeit oder einem Minijob nachgehen, sollten Sie prüfen, ob eine Teilrente für Sie in Betracht kommt. Denn:

  • Versicherungspflicht: Bei einer Vollrente entfällt in der Regel die Pflichtversicherung, während Teilrentner weiterhin Beiträge an die Rentenkasse abführen und dadurch das eigene Rentenkonto auffüllen.
  • Höhere Ansprüche: Durch zusätzliche Beitragsmonate steigt die spätere Rente, was hauptsächlich bei längerer Ausübung von Pflege oder Erwerbstätigkeiten relevant ist.
  • Individuelle Kalkulation: Ob sich eine Teilrente lohnt, hängt stark von Ihren persönlichen Lebensumständen und finanziellen Zielen ab. Eine fachkundige Beratung schafft hier Klarheit.

Auch wenn die laufenden Einnahmen anfangs niedriger sein können als bei einer Vollrente, eröffnen sich langfristige Vorteile. Familien, die über Jahre hinweg Angehörige pflegen, können so ihren eigenen Lebensstandard im Alter verbessern.

Rentenversicherung hat eine Informationspflicht

Mit seinem Urteil betonte das Sozialgericht Hannover nachdrücklich, dass Rentenversicherungsträger ihre Versicherten aktiv beraten müssen, sobald sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine versicherte Person im Ruhestand weiterarbeiten oder pflegen möchte. Liegen diese Hinweise vor, darf die Behörde nicht schweigen, sondern muss die Option Teilrente erläutern und auf potenzielle finanzielle Konsequenzen hinweisen.

Eine unterlassene oder unzureichende Beratung kann als Amtspflichtverletzung gewertet werden. Im Extremfall dürfen Rentnerinnen und Rentner sogar rückwirkend die Umwandlung in eine Teilrente beantragen, wenn sie durch mangelnde Auskunft benachteiligt wurden. Wer unsicher ist, ob das eigene Anliegen bereits ausreichend beachtet wurde, kann sich auf dieses Gerichtsurteil berufen oder fachkundigen Rat einholen.

Gericht betont die Verantwortung der Behörden

Durch den Fall der Klägerin wurde klar, dass die Verantwortung bei der Rentenversicherung liegt, aktiv nachzufragen und über Alternativen zum vollen Rentenbezug aufzuklären. Besonders wenn Seniorinnen und Senioren signalisiert haben, weiterhin eine Beschäftigung auszuüben oder Angehörige zu versorgen, muss die Behörde konkrete Informationen liefern.

Die Richter in Hannover stellten damit sicher, dass Rentenberechtigte nicht unbemerkt auf mögliche Ansprüche verzichten. Eine solche Informationspflicht verhindert finanzielle Nachteile für Menschen, die im Alter sinnvoll Geld hinzuverdienen oder familiäre Verpflichtungen wahrnehmen wollen.

Zusätzliche Informationen zur Teilrente

In Deutschland ist die Teilrente für Personen verfügbar, die das reguläre Rentenalter erreicht haben oder eine Altersrente für langjährig Versicherte beziehen möchten. Statt den vollen Betrag zu erhalten, können Versicherte beispielsweise nur 50, 70 oder 90 Prozent der Rente in Anspruch nehmen.

Der restliche Anteil bleibt unbezogen und steigt durch weitere Einzahlungen, solange eine Beschäftigung oder Pflegezeit andauert.

Sobald Sie sich entscheiden, die Teilrente zu beenden oder mit Erreichen einer höheren Altersgrenze in den Vollbezug zu wechseln, wird die Rente umfassend neu berechnet. Das kann zu einer spürbaren Steigerung führen, weil Sie in der Zwischenzeit zusätzliche Rentenansprüche erworben haben.

Außerdem zahlen Pflegekassen unter bestimmten Bedingungen Beiträge an die Rentenversicherung, wenn Sie pflegebedürftige Angehörige für eine festgelegte Anzahl an Stunden wöchentlich versorgen.

Insgesamt zeigt das Urteil aus Hannover, dass sich eine sorgfältige Prüfung der eigenen Rentenansprüche auszahlen kann. Es ist sinnvoll, frühzeitig eine Fachberatung in Anspruch zu nehmen, um alle Vorteile und Pflichten einer Teilrente zu verstehen. So können Sie Ihre Altersvorsorge optimal gestalten und finanzielle Nachteile vermeiden, falls Sie sich entschließen, im Ruhestand weiter tätig zu bleiben.