Rentenversicherungsträger müssen Versicherte bei der Pflege von Angehörigen aktiv über die Möglichkeit eines Teilrentenbezugs hinweisen. Unterlassen sie diese Aufklärung, kann eine Altersrentnerin oder ein -rentner rückwirkend einen neuen Teilrentenbescheid verlangen, entschied das Sozialgericht Hannover in einem am Donnerstag, 20. März 2025, bekanntgegebenen rechtskräftigen Urteil (Az.: S 78 R 8/21). Pflegende Versicherte können dann mit der rückwirkend bewilligten Teilrente von den Pflichtbeiträgen der Pflegekasse zur Rentenversicherung profitieren und eine höhere Rente erhalten.
Hintergrund des Rechtsstreits ist das seit 2017 geltende Flexirentengesetz, das mehr Anreize für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schaffen soll, über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Danach können Versicherte auch eine Teilrente zwischen zehn und maximal 99,99 Prozent beziehen und weiter arbeiten gehen.
Teilrente sichert bei Pflege zu Hause Rentenbeitrag der Pflegekasse
Bei der nicht erwerbsmäßigen Pflege von Angehörigen wirkt sich die Teilrente rentenerhöhend aus. Denn die Pflegekasse zahlt für die Pflege Rentenversicherungsbeiträge an die Rentenversicherung. Die Höhe richtet sich nach dem Pflegegrad der zu pflegenden Person und nach der von der Rentenversicherung festgelegten sogenannten Bezugsgröße, dem Durchschnittsentgelt eines Versicherten.
Erhalten Versicherte eine volle Altersrente, wirken sich die Rentenbeiträge der Pflegekasse jedoch nicht mehr rentenerhöhend aus.
Im konkreten Fall bezog die Klägerin seit November 2018 eine volle Altersrente für langjährig Versicherte. Über die Möglichkeit einer Teilrente wurde sie von der Rentenversicherung nicht aktiv informiert.
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Sozialgericht Hannover: Versicherte steht rückwirkend Teilrente zu
Als die Frau von dieser Möglichkeit später erfuhr, beantragte sie rückwirkend eine Teilrente. Da sie einen Angehörigen pflege, wolle sie so sicherstellen, dass sich die von der Pflegekasse gezahlten Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung bei ihr rentenerhöhend auswirken. Mit dem Bezug einer vollen Altersrente sei dies nicht mehr der Fall, so die Klägerin.
Das Sozialgericht urteilte am 26. Juli 2024, dass die Rentenversicherung bei Kenntnis von der fortgesetzten Ausübung der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Angehörigen verpflichtet ist, die Versicherte aktiv auf die Teilrente und die damit verbundenen versicherungsrechtlichen Vorteile hinzuweisen.
Da der Rentenversicherungsträger dies unterlassen habe, müsse er den Antrag der Klägerin auf Erhalt einer Teilrente rückwirkend neu bescheiden.