Schwerbehindertenausweis ist auch bei unbefristeter Feststellung eines Grades der Behinderung grundsätzlich zu befristen. Denn aus der unbefristeten Feststellung des GdB ergibt sich kein Anspruch auf eine Ausstellung eines unbefristeten Schwerbehindertenausweises. Nach § 152 Abs. 5 SGB Satz 3 IX soll die Gültigkeitsdauer des Ausweises befristet werden.
Ein Anspruch auf Ausstellung eines unbefristeten Ausweises ergibt sich daher auch im Hinblick auf die dem Ausweis zu Grunde liegende – regelmäßig erfolgende – unbefristete Feststellung des GdB und der damit verbundenen Schwerbehinderteneigenschaft – nicht.
Denn Aus dem Wort „soll“ in § 152 Abs. 5 Satz 3 SGB IX folgt, dass die Behörde den Ausweis in der Regel befristen muss, sie jedoch in atypischen Fällen hiervon abweichen kann.
Denn dies ergibt sich auch aus einer Parallele zu den von dem BSG insoweit zur Sollvorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X angestellten Erwägungen (so Thüringer LSG, Urteil vom 14. Oktober 2021 –L 5 SB 1259/19 – unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. Juni 2016 – B 5 RE 1/15 R –; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 2022 – L 8 SB 2527/21 – ). So aktuell die Urteilsbegründung in diesem wegweisendem Urteil des LSG Baden – Württemberg
Begründung des Gerichts
§ 6 Abs. 2 Satz 1 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) sieht eine Befristung auf längstens fünf Jahre vom Monat der Ausstellung an vor.
Die Befristung hat den Grund, dass geprüft werden kann, ob die im Ausweis dokumentierten Merkmale noch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen und ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen noch vorliegen.
Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SchbAwV kann der Ausweis in den Fällen, in denen eine Neufeststellung wegen einer wesentlichen Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, nicht zu erwarten ist, unbefristet ausgestellt werden.
Es kann hier offenbleiben, ob sich daraus ein weitergehender Anspruch auf Ausstellung eines unbefristeten Ausweises ergeben kann.
Denn bei einer – wie hier – auf einer Heilungsbewährung beruhenden Feststellung eines GdB kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass eine derartige wesentliche Änderung nicht zu erwarten sei (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 2022 – L 8 SB 2527/21 – ).
Der Behörde war aufgrund der Heilungsbewährung kein Ermessen eröffnet
Der Behörde wäre daher auch im Hinblick auf diese Vorschrift kein Ermessen bei der Entscheidung über die Ausstellung eines unbefristeten Ausweises eröffnet gewesen.
Fazit
1. Aus der unbefristeten Feststellung des GdB ergibt sich kein Anspruch auf eine Ausstellung eines unbefristeten Schwerbehindertenausweises. Der Ausweis ist nach § 152 Abs. 5 Satz 3 SGB IX vielmehr in der Regel zu befristen.
2. Von einem Fall des § 6 Abs. 2 Satz 2 SchwbAwV kann bei einer Heilungsbewährung gerade nicht ausgegangen werden, so dass offenbleiben kann, ob sich aus dieser Regelung ein weitergehender Anspruch auf Ausstellung eines unbefristeten Ausweises ergeben kann (Anschluss an LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 2022 – L 8 SB 2527/21 –).
Praxistipp
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 2022 – L 8 SB 2527/21 –
Für den Schwerbehindertenausweis gilt – grundsätzliche Befristung und er ist – kein Verwaltungsakt
1. Ein Schwerbehindertenausweis ist auch bei unbefristeter Feststellung des GdB nach § 152 Abs 5 S 3 SGB IX grundsätzlich zu befristen.
2. Ein behinderter Mensch kann nicht beanspruchen, dass der GdB unabhängig von möglichen künftigen Veränderungen seines Gesundheitszustandes auf Dauer unveränderbar festgestellt und ein entsprechender Ausweis ausgestellt wird.
3. Auch die Ausstellung eines unbefristeten Schwerbehindertenausweises kann – nach der Rechtsprechung des BSG kein schützenswertes Vertrauen auf den Fortbestand der zugrundeliegenden Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft begründen (vgl BSG vom 11.08.2015 – B 9 SB 2/15 R – ).