Wenn ein Versorgungsamt den festgestellten Grad einer Behinderung senkt, dann muss es dies mit objektiven aktuellen medizinischen Befunden begrรผnden. Dies klรคrte das Landesgericht Sachsen-Anhalt und entschied damit gegen das Landesverwaltungsamt Halle, das dem Klรคger den Grad der Behinderung von 50 auf 30 gesenkt hatte. (L 13 SB 2/16).
Eine schwerwiegende Entscheidung
Einen Grad der Behinderung von 50 (und hรถher) auf unter 50 zu senken, hat fรผr die Betroffenen schwerwiegende Konsequenzen. Erst ab einem Grad der Behinderung von 50 gilt eine Behinderung als Schwerbehinderung, und erst dann besteht ein Anspruch auf damit verbundene Nachteilsausgleiche.
รbersicht der Nachteilsausgleiche bei GdB >50
- Besonderer Kรผndigungsschutz
- Anspruch auf zusรคtzliche Urlaubstage
- Verbot von Mehrarbeit
- Recht auf ein persรถnliches Vorstellungsgesprรคch bei einer Bewerbung
- Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen
- Einen den Bedรผrfnissen entsprechend gestalteten Arbeitsplatz
- Staatliche Unterstรผtzung des Arbeitgebers bei einer Beschรคftigung
Herabstufung nach Routineuntersuchung
Der Betroffene hatte einen Grad der Behinderung von 50 festgestellt. Nach einer Routineuntersuchung setzte die zustรคndige Behรถrde den Grad der Behinderung auf 30 herab und begrรผndete dies pauschal damit, dass der Gesundheitszustand sich verbessert hรคtte.
Die dem Grad der Behinderung zugrunde liegenden Funktionsstรถrungen der Wirbelsรคule und psychischen Einschrรคnkungen seien nicht mehr so schwerwiegend wie bei der Erstfeststellung des Grades der Behinderung
Der Mann akzeptierte die Entscheidung nicht. Er legte Widerspruch ein und begrรผndete diesen damit, dass seine Beschwerden weiterhin erheblich seien und eine Herabsetzung nicht gerechtfertigt werden kรถnnte.
Die Behรถrde wies den Widerspruch zurรผck, und der Betroffene klagte deshalb vor dem Sozialgericht, um seinen Anspruch auf den vorherigen Grad der Behinderung durchzusetzen.
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Keine ausreichenden Beweise
Das Landessozialgericht gab dem Betroffenen schlieรlich recht. Es erklรคrte, die Behรถrde hรคtte keine ausreichenden Beweise vorgelegt, um nachzuweisen, dass sich der Gesundheitszustand wesentlich verbessert hรคtte.
Was wรคren gรผltige Belege?
Ausreichende Beweise, die fรผr oder gegen einen hรถheren Grad der Behinderung sprechen, sind aktuelle medizinische Gutachten fรผr die jeweiligen Einschrรคnkungen, die auch die Wechselwirkungen zwischen den Einzelbehinderungen berรผcksichtigen.
Solche Beurteilungen kรถnnen ausgesprochen komplex sein, und oft sind Befunde von Fachรคrzten aus verschiedenen Disziplinen erforderlich. Dies gilt gerade fรผr Fรคlle wie den vorliegenden, in dem fรผr den Grad der Behinderung kรถrperliche Beeintrรคchtigungen ebenso eine Rolle spielen wie psychische.
Eine pauschale Aussage wie die, dass sich der Gesundheitszustand verbessert hรคtte, ohne diese verschiedenen aktuellen Gutachten als Grundlage einzuholen, reicht nicht aus, um in einer solchen Situation den Grad der Behinderung zu senken.
Nicht nachvollziehbare Herabsetzungen anfechten
Der Betroffene zog vor Gericht und war damit erfolgreich. Wenn Sie selbst eine Herabsetzung des Grades Behinderung durch die zustรคndige Behรถrde befรผrchten, dann sollten Sie so frรผh wie mรถglich beginnen, einer solchen Entscheidung vorzubeugen.
Dazu kรถnnen Sie ein Tagebuch fรผhren, indem Sie detailliert Ihre Beschwerden notieren, aufschreiben, wann diese auftreten und mit welchen Auslรถsern, und auch, wenn sich die Einschrรคnkungen verschlimmern. Dabei kรถnnen scheinbar kleine Aspekte eine groรe Rolle spielen, bei einem Wirbelsรคulenleiden zum Beispiel, wie schwer es fรคllt, eine Treppe zu bewรคltigen.
Sie sollten sich darum kรผmmern, dass die behandelnden รrzte regelmรครig Ihre Beschwerden notieren und dabei genau vermerken, wie stark diese Sie im Alltag beeintrรคchtigen. Denn รผber einen Grad der Behinderung entscheidet nicht die Erkrankung als solche, sondern das Ausmaร, in dem die Erkrankung Sie darin einschrรคnkt, an der Gesellschaft teilzuhaben.
Prรผfen Sie Ihre Rechte
Versorgungsรคmter mรผssen die Entscheidung รผber einen Grad der Behinderung gut begrรผnden. Wenn Ihr Grad der Behinderung herabgesetzt wird, dann besprechen Sie sich umgehend mit einem Anwalt, der auf Behindertenrecht spezialisiert ist, ob die Beurteilung des Versorgungsamtes fundiert ist.
Dann lassen Sie sich beraten, welche Chancen ein Widerspruch hat, und ob eine Klage vor dem Sozialgericht erfolgreich sein kรถnnte. In vielen Fรคllen bekamen Menschen mit Behinderung recht, und das Versorgungsamt musste den Grad der Behinderung erhรถhen.