Schwerbehinderung: Unbefristeter Schwerbehindertenausweis nur in wenigen Fällen – Urteil

Lesedauer 2 Minuten

Schwerbehinderte können selbst dann keinen unbefristeten Schwerbehindertenausweis beanspruchen, wenn die Behinderung voraussichtlich unumkehrbar ist. So entschied das Thüringische Landessozialbericht gegen einen gehörlosen Mann. (L 5 SB 1259/19).

Behörde lehnt Antrag ab

Der Betroffene ist gehörlos und hat deshalb einen Grad der Behinderung von 100. Trotzdem wurde sein Schwerbehindertenausweis auf fünf Jahre befristet. Er beantragte einen unbefristeten Ausweis und begründete dies damit, dass seine Gehörlosigkeit unumkehrbar sei.

Die zuständige Behörde lehnte den Antrag ab und verwies dabei auf das Sozialgesetzbuch IX.

Sozialgesetz: Ausweis sollte immer befristet sein

Dort steht im Paragrafen 152 zu “Feststellung der Behinderung, Ausweis” im Absatz 5:

“Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale aus. (…) Die Gültigkeitsdauer des Ausweises soll befristet werden. Er wird eingezogen, sobald der gesetzliche Schutz schwerbehinderter Menschen erloschen ist. Der Ausweis wird berichtigt, sobald eine Neufeststellung unanfechtbar geworden ist.”

Lesen Sie auch:

Ausnahmefälle bei der Befristung des Ausweises

Der Fall ging vor das Sozialgericht und schließlich vor das Landessozialgericht. Der Betroffene argumentierte, dass in anderen Landkreisen in vergleichbaren Fällen ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis ausgestellt würde.

Das sei zwar richtig, erklärten die Richter des Landessozialgerichtes, und eine einheitliche Verwaltungspraxis sei auch wünschenswert, doch entsteht daraus keine rechtlich einklagbare Verpflichtung.

Der Gesetzestext im Paragrafen 152 sagt eindeutig, dass die Gültigkeit des Ausweises befristet werden soll. Dies bezieht sich auf den Ausweis und nicht auf die diesem zugrunde liegende Behinderung.

Wenn die Schwerbehinderung unverändert vorliegt, dann müssen Sie als Betroffener nach Ablauf der Ausweisfrist lediglich einen neuen Ausweis beantragen – und nicht etwa Ihren Grad der Behinderung neu prüfen lassen. Es handelt sich also um eine reine Formalie.

Unterschiedliche Vorgaben bei den zuständigen Ämtern

Tatsächlich sind nicht nur in den jeweiligen Landkreisen, sondern auch in den einzelnen Bundesländern die Vorgaben unterschiedlich, ob der Schwerbehindertenausweis befristet oder unbefristet ausgestellt wird.

In Niedersachsen gilt etwa laut dem Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie ausdrücklich: “Sofern nach ärztlicher Einschätzung keine Verbesserung der gesundheitlichen Situation zu erwarten ist, wird der Ausweis unbefristet ausgestellt.”

Versorgungsämter können je nach Fall entscheiden

Rechtlich können die zuständigen Behörden, also meist die Versorgungsämter, einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis ausstellen, müssen dies aber nicht.

Die Versorgungsämter haben diese Möglichkeit, wenn eine Behinderung als dauerhaft eingestuft wird und eine Besserung des Zustands äußerst unwahrscheinlich ist. Beides ist zwar bei dem gehörlosen Mann aus Thüringen gegeben, doch ein Rechtsanspruch auf einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis entsteht deshalb nicht.

Unbefristet nur in außergewöhnlichen Fällen

Ein weiteres Urteil stellte klar, dass auch bei unbefristeter Feststellung einer Schwerbehinderung der Schwerbehindertenausweis grundsätzlich nur befristet ausgestellt wird. Dies entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 8 SB 2527/21).

Auch in diesem Urteil bezogen sich die Richter auf die Formulierung im Paragrafen 152, Absatz 5 Satz 3 des Sozialgesetzbuches IX, nach dem die Gültigkeitsdauer des Schwerbehindertenausweises befristet werden solle. Das Wort “solle” bedeute, dass die Ämter den Ausweis in der Regel befristen müssen, davon jedoch in außergewöhnlichen Fällen abweichen könnten.