Erstattet die Haftpflicht eines Unfallverursachers die vorzeitige Altersrente, die der Geschรคdigte in Anspruch nimmt, dann muss die Rentenversicherung die folgende regulรคre Altersrente ohne Abschlรคge auszahlen. So entschied das Bundessozialgericht. (B 13 R 13/17 R).
Die vorzeitige Altersrente mit Abschlรคgen
Langjรคhrig Versicherte mit mindestens 35 Jahren Wartezeit kรถnnen eine bis zu vier Jahren vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen. Jeden Monat vor der Regelaltersgrenze berechnet die Rentenversicherung dabei mit 0,3 Prozent Abschlag von der Rente.
Wer die vollen vier Jahre ausreizt, bekommt also jeden Monat 14,4 Prozent weniger Rente, und das fรผr den Rest des Lebens.
Bis zum Geburtsjahrgang 1951 gab es auch noch eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit fรผr Versicherte, die ab einem Alter von 58 Jahren und 6 Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos war. Auch fรผr diese Rentenform galt ein Abschlag bei der spรคteren regulรคren Altersrente.
Kein Abschlag bei Ausgleich
Das Bundessozialgericht stellte klar, dass dieser Abschlag nach der Regelaltersgrenze nicht erhoben werden darf, wenn eine Haftpflichtversicherung der Deutschen Rentenversicherung die geleisteten vorzeitigen Rentenzahlungen erstattet.
In diesem Fall ist der Grund fรผr die geforderten Abschlรคge, nรคmlich die vorzeitige und lรคngere Auszahlung der Rente, nicht mehr vorhanden.
Altersrente mit Abschlag
Der Betroffene hatte vier Jahre eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach einem Unfall bezogen. Dann begann seine regulรคre Altersrente. Fรผr diese berechnete ihm die Rentenversicherung einen Abschlag von 15,3 Prozent wegen der zuvor bezogenen Rente.
Doch die Haftpflichtversicherung desjenigen, der den Unfall verursacht hatte, wegen dem der Betroffene arbeitslos geworden war, hatte der Rentenversicherung die zuvor erhaltene Rente vollstรคndig erstattet.
Es geht vor das Sozialgericht
Der Rentner klagte vor dem Sozialgericht Braunschweig, da er es fรผr ungerecht hielt, Abschlรคge fรผr lรคngst ausgeglichene Zahlungen zu leisten. Das Sozialgericht gab ihm Recht, doch es ging weiter durch die Instanzen bis zum Bundessozialgericht.
Abschlรคge sind rechtswidrig
Das Bundessozialgericht stellte sich ebenfalls auf die Seite des Rentners. Die Abschlรคge seien zu Unrecht erhoben worden. Bei einer vollstรคndigen Erstattung der Altersrente durch einen Haftpflichtversicherer des fรผr den Unfall Verantwortlichen darf die Rentenversicherung bei einer vorzeitigen Altersrente keinen Abschlag auf die spรคtere regulรคre Altersrente fordern.
Betroffene in dieser Situation hรคtten Anspruch auf den regulรคren Zugangsfaktor von 1,0, also auf die normale volle Rente.
Das Urteil schlieรt eine wichtige Lรผcke
Der Paragraf 77 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 des Sozialgesetzbuches VI definiert zwar, dass der Zugangsfaktor zur Rente erhรถht wird, wenn eine Rente nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen wird.
Vor dem Urteil des Bundessozialgerichtes wurden davon aber keine Fรคlle erfasst, in denen ein Haftpflichtversicherer die ausgezahlte Rente eines Unfallopfers รผbernimmt.
Der Abschlag ist damit begrรผndet, dass jemand, der vorzeitig Rente bezieht, lรคngere und damit grรถรere Zahlungen von der Rentenkasse erhรคlt als jemand, der regulรคr in Rente geht. Wenn jemand diese vorzeitige Rente aber nicht in Anspruch nimmt, dann entfรคllt der Grund fรผr den Abschlag.
Das Bundessozialgericht urteilte jetzt, dass eine vollstรคndige Erstattung durch eine Haftpflicht analog zu behandeln ist wie eine vorzeitige Rente, die nicht in Anspruch genommen wird. Denn auch in diesem Fall muss die Rentenkasse keine hรถhere Zahlung ausgleichen.
Laut dem Bundessozialgericht habe das Gesetz nicht berรผcksichtigt, dass bei einer wegen einer Schรคdigung vorzeitig bezogenen, spรคter aber รผbernommenen Altersrente eine unbefristete Fortfรผhrung des reduzierten Zugangsfaktors nicht richtig sei.
Damit gibt es Rechtssicherheit fรผr diejenigen Rentner, die wegen eines Unfalls vorzeitig Altersrente beziehen mรผssen, diese aber von der Haftpflicht des Verursachers erstattet bekommen.